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Home-Office Arbeit

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HOA nach Änderungskündigung

Rechtsgebiet:
Home-Office Arbeit
Stichworte:
Home-Office Arbeit
Autor:
Bürgi Nägeli Rechtsanwälte
Herausgeber:
Verlag:
LAWMEDIA AG

Die Änderungskündigung ist das Instrument zur Anpassung rechtlichen Rahmenbedingungen des Arbeitsvertrages, ohne primäres Ziel, das Arbeitsverhältnis zu beenden:

Begriff

  • Änderungskündigung   =   Arbeitsvertragskündigung verbunden mit einem Vertragsangebot, um die Beziehung unter veränderten Bedingungen fortzusetzen

Grundlagen

  • OR 336
  • OR 336c Abs. 1 lit. c i.V.m. OR 336c Abs. 2 Satz 1

Rechtsnatur

  • Gestaltungsrecht, welches – trotz Bedingungsfeindlichkeit – den Druck zu Vertragsanpassungen bewirken kann bzw. darf
  • Rechtsnatur der Kündigung

Verbreitung der Änderungskündigung

  • Stärkere Verbreitung als man hinlänglich meint

Zulässigkeit der Änderungskündigung

Schranken der Änderungskündigung

  • Grundsatz
    • Es ist von einer grundsätzlichen Zulässigkeit der Änderungskündigung auszugehen
  • Sachlicher Kündigungsschutz
    • Grundsatz
      • Einhaltung der Kündigungsschutzvorschriften in sachlicher Hinsicht
        • Keine Kündigungsgründe, die im Sinne von OR 336 Abs. 1 lit. a – e bzw. Abs. 2 lit. a – c – in nicht abschliessender Aufzählung – missbräuchlich sind
        • Beachtung der gesetzlichen Vorgaben zur Massenentlassung (siehe unten)
      • Missbrauch
    • Keine unbillige Verschlechterung der Arbeitsbedingungen ohne sachliche Rechtfertigung
      • Missbräuchlichkeit, wenn die Kündigung ohne sachlich schutzwürdigen Grund ausgesprochen wird, d.h. für die Änderung der Lohn- und Arbeitsbedingungen bestehen keine marktbedingten und keine betrieblichen Gründe (vgl. BGE 123 III 250 f., Erw. 3b
    • HOA-Einführung und ihre Konsequenzen
      • In der Praxis wird bezweifelt, ob sich bei der Einführung von Regeln zur Home Office-Tätigkeit die Arbeitsbedingungen in einem solchen Ausmass verschlechtern, dass eine missbräuchliche Kündigung gegeben sein
        • HOA ist meistens auch wirtschaftlich motiviert
      • Einhaltung der Kündigungsfrist
        • Nichteinhaltung der Kündigungsfrist führt zur Missbräuchlichkeit der Änderungskündigung (vgl. BGE 4A_194/2011)
      • HOA-Offerte
        • In der Regel liegt dem Änderungsvorschlag ein leistungsörtliches und zeitliches Angebot zugrunde, welches aber den Bestimmungen von OR 341 nicht widersprechen darf (sog. „Verzichtsverbot“)
  • Zeitlicher Kündigungsschutz
    • Abwarten des Ablaufs der Probefrist (OR 336c)
    • Keine Änderungskündigung während einer Sperrfrist (keine Unzeitkündigung / Nichtigkeit)
    • Arbeitnehmer kann bei Unzeitkündigung geltend machen, diese sei nichtig und es würden weiterhin die Regeln des bisherigen Arbeitsverhältnisses ihre Gültigkeit haben
      • Arbeitgeber müsste – nach Ablauf der Sperrfrist – erneut (änderungs-)kündigen, um die Home Office-Arbeit einseitig durchsetzen zu können
  • Massenentlassung
    • Massenentlassungsvorschriften
    • Nichteinhaltung der Massenentlassungsvorschriften
      • Beachtet der Arbeitgeber die Massenentlassungsregeln nicht und kündigt, sind die Kündigungen der Arbeitsverhältnisse gültig, gelten aber als missbräuchlich
      • Verletzung von Verfahrensvorschriften
  • Weitere Detailinformationen

Erscheinungsformen der Änderungskündigung

  • Ausgangslage
    • In Lehre und Praxis werden in zwei typische und in eine untypische Änderungskündigung unterschieden:
      • Bedingte Änderungskündigung
      • Unbedingte Änderungskündigung
      • Uneigentliche Änderungskündigung
  • (Suspensiv-)bedingte Änderungskündigung
    • =   Arbeitgeber spricht unter der Bedingung die Kündigung aus, dass der Mitarbeiter der Vertragsänderungsofferte innert Frist zustimme, andernfalls das bisherige Arbeitsverhältnis durch Kündigung dahinfalle
  • Unbedingte Änderungskündigung
    • =   Arbeitgeber spricht auf einen bestimmten Zeitpunkt ohne jegliche Einschränkung die Kündigung aus und bietet dem Mitarbeiter gleichzeitig einen neuen Vertrag mit geänderten Konditionen an
    • Die unbedingte Änderungskündigung kann mit einem Rücknahmeangebot verbunden sein, d.h. dass der Arbeitgeber die Kündigung zurücknimmt, wenn der Gekündigte die neuen Arbeitsbedingungen annimmt
  • Uneigentliche Änderungskündigung
    • =   Arbeitgeber legt dem Mitarbeiter den Entwurf für einen neuen Arbeitsvertrag vor; nimmt der Arbeitnehmer das Angebot für einen neuen Arbeitsvertrag (Änderungsvertrag) nicht zu, spricht der Arbeitgeber die Kündigung aus

Inhalt

Form

  • Formfreiheit
    • Abgesehen von Ausnahmen gilt bei als „Aufhebungsvertrag“ qualifizierten Änderungskündigung die Formfreiheit
  • Empfohlene Schriftform mit Zugangsnachweis
    • Aus Gründen der Rechtssicherheit und Beweisbarkeit wird die freiwillige Anwendung der Schriftform empfohlen
  • Weitere Detailinformationen

Fazit

Unseres Erachtens ist es erfahrungsgemäss in der heutigen Zeit des respektvollen Umgangs der Parteien auf gleicher Augenhöhe eine nicht zielführende Variante, den Arbeitnehmer via Änderungskündigung einseitig zur Home Office-Arbeit zu zwingen. Je nach Arbeitsmarktlage wird der Arbeitnehmer die in Zwang entstandene HOA-Situation akzeptieren, bis er eine neue Arbeitsstelle gefunden hat.

Literatur

  • Zulässigkeit der Änderungskündigung
    • RUDOLF ROGER, Vertragsänderungen, in: von Känel Adrian (Hrsg.), Unternehmenssanierung und Arbeitsrecht, Zürich 2010, S. 20
  • Schranken der Änderungskündigung
    • GEISER THOMAS, Die Änderungskündigung im schweizerischen Arbeitsrecht, in: ArbR 2004, S. 25 – 38, insbesondere Rz 3.7
  • Erscheinungsformen der Änderungskündigung
    • GEISER THOMAS, Die Änderungskündigung im schweizerischen Arbeitsrecht, in: ArbR 2004, Rz 2.1 – 2.5
    • STREIFF ULLIN / VON KAENEL ADRIAN / RUDOLF ROGER, Arbeitsvertrag, Praxiskommentar zu Art. 319 – 362 OR, 6. Auflage, Zürich 2012, N 3 zu OR 335

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